Ausstellungen zur geteilten deutschen Geschichte im Urteil ihrer Besucher
Kolloquium und Installation, 2003 / 2004
Kolloquium, Montag, 27. Oktober 2003.
Individuelle Erinnerungen einerseits und die öffentliche Darstellung vom Lauf der Geschichte in Ausstellungen, Schulbüchern, Tageszeitungen u.ä. andererseits decken sich in vielen Fällen nicht, wenn sie nicht gar in einem deutlichen Widerspruch zueinander stehen. Solche Differenzen und Widersprüche bilden oftmals einen wesentlichen Angelpunkt öffentlicher Debatten um die Deutungen deutscher Geschichte. Um dem Spannungsverhältnis zwischen individuellen Erinnerungen und einem kollektiven Gedächtnis auf die Spur zu kommen, hat der Leipziger Kreis die Einträge in Gästebüchern zweier vielbeachteter Ausstellungen in Leipzig – der Dauerausstellung des Zeitgeschichtlichen Forums „Diktatur und Widerstand in der DDR“ sowie einer Ausstellung im Stadtgeschichtlichen Museum „Es geht seinen Gang; Leipzig 1979-1989“ – untersucht.
Das Ergebnis dieser Analyse zeigt eine vielfache Fragmentierung des kollektiven Gedächtnisses in Deutschland, das nicht nur zwischen Ost und West, sondern auch zwischen politischen Lagern und sozialen Milieus zahlreiche Bruchlinien aufweist.
Die Forschungsergebnisse stellte der Leipziger Kreis zu seiner Jahresveranstaltung am 27. Oktober 2003 in der Universität Leipzig vor. Grußworte von Seiten der Universität sprach Prorektor Prof. Dr. Helmut Papp; als Gastreferent führte Prof. Dr. Bernd Faulenbach (Universität Bochum) in die Diskussionen um die geteilte deutsche Geschichte ein.
Neben der Erarbeitung der wissenschaftlichen Studie zu Gästebüchern entwickelte sich eine Diskussion mit der Gestalterin und Bühnenbildnerin Ilke Schulz. Sie stellte am 12. Februar 2004 in Leipzig ein Konzept für ein Bühnenstück vor: In einer Rauminstallation verdichtet sie Erinnerungsformen an “Kindheit(en)” und arrangiert diese in der Kulisse der Kleinen Halle des Stadbades Leipzig.
So unterschiedlich beide Herangehensweisen ihren Weg zum Thema Gedächtnis und Erinnerung bahnen, so zahlreich ergeben sich Berührungspunkte und Reibungsflächen. Beide Teile – die wissenschaftliche Studie und das Konzept für ein Bühnenstück – erschienen daher in einem gemeinsamen Band:
Christian Lotz / Katja Naumann: Ein fragmentiertes Gedächtnis. Die konfliktreiche Auseinandersetzung um die geteilte deutsche Geschichte anhand von Gästebüchern historischer Ausstellungen. Leipzig 2004.
Die Veranstaltung am 27. Oktober 2003 und die Veröffentlichung wurden vom Bildungswerk Weiterdenken in der Heinrich-Böll-Stiftung gefördert.